NATURGESCHICHTEN
Nebennutzungen
im 19. Jahrhundert
Blick vom Seelbacher Feld auf den Manchertskopf | Foto: Yvette Schäck
NEBENNUTZUNG
DER WALD IM 19. JAHRHUNDERT
Neben der Holznutzung waren die sogenannten Nebennutzungen für die überwiegend bäuerliche Bevölkerung im Westerwald mit seinem für die Landwirtschaft ungünstigen Klima von großer Bedeutung. Die Bauern waren mit ihrem Rindvieh und den Schweinen auf die Waldweide und die Streunutzung angewiesen. Beides beeinträchtigte aber den Wald. Das Weiden erschwerte oder verhinderte seine Verjüngung.
Die Streuentnahme (Entnahme von Laub, Heidekraut und Ginster zur Einstreu im Stall an Stelle von Stroh) verhinderte die Humusbildung, entzog dem Wald Nährstoffe und führte zur Devastierung des Waldbodens.
Zahlreiche Nutzungen von Bodenbewuchs, Streu, Holz und Harz setzten dem Baumwuchs erheblich zu. Vor allem die Waldweide hatte großen Einfluss auf das Waldbild. Die Übernutzung des Bodens führte zur Bodenverarmung und Heidebildung.
1485: Jean Colombe im Stundenbuch des Herzogs de Berry: „Novemberszene: Austrieb der Schweine zur Eichelmast in den Wald“
Quelle: Wikimedia Commons
Unter anderem wurde bestimmt
- dass der Kreisförster die Nebennutzungen in die jährlichen Wirtschaftspläne aufnehmen musste, die der Genehmigung der Regierung bedurften,
- dass zur Waldweide nur Bestände geöffnet werden durften, welche entsprechendes Wachstum dem Maul des Viehes gebot,
- dass Ziegen nicht in den Wald getrieben werden durften,
- dass die Waldweide nur in der Zeit vom 15. April bis 01. November gestattet wurde,
- dass bei der Gewinnung von Gras, dieses in der Regel nur mit der Hand gerupft werden durfte,
- dass kein Ort im Wald zur Entnahme von Laub und Nadeln geöffnet werden durfte, so lange Heide, Heidelbeerkräuter, Farnkräuter oder Ginster dort vorhanden waren.
Diese Beschränkungen stießen auf wenig Gegenliebe bei der ländlichen Bevölkerung. Auf die große Bedeutung der Nebennutzungen gerade im Kreis Altenkirchen wurde wiederholt hingewiesen.
Eine Nebennutzung, die nicht unmittelbar dem bäuerlichen Betrieb zugutekam, sondern durch Verkauf bares Geld brachte, war die Gewinnung der Eichenlohrinde im Niederwald. Die Lohrinde wurde von den Gerbern gebraucht um Tierhäute in geschmeidiges Leder zu verwandeln. Um die Lohe zu gewinnen, wurden junge Eichen, Fichten und Weiden geschält, weichgeklopft und an der Luft getrocknet. Die geschälten Stangen wurden in Meilern verkohlt und die Holzkohle an Eisenhütten verkauft.
Quellenangaben
Landesforsten Rheinland-Pfalz, Münster 1990, S. 20-21, 78.
Die Veröffentlichung erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Autors (Telefonat vom 31.03.2015).
Herr Habbel war von 1967 bis 1986 Leiter des Fortsamtes Altenkirchen.